Text über die Stadt Idar-Oberstein von Uwe Anhäuser, Hunsrück und Naheland,
DuMont-Kunst-Reiseführer, 1987
Vergangenheit ist seit 1986 die aus vielen historischen Abbildungen bekannte Ansicht des eng zwischen den Häuserfronten und unter steilen Felsen sich windenden Naheflüsschens. Nach Abschluss der bis zuletzt stark umstrittenen ›Nahe-Überbauung‹ deckt kilometerlang der Beton- und Asphaltstreifen einer vierspurigen innerstädtischen Schnellstraße der Flussbett und seine Uferränder zu. Allerdings ermöglicht diese mit aufwendiger ›Begrünung‹ flankiert bzw. retuschierte Strecke auch prachtvolle Ausblicke zu hochragenden Baumonumenten über dem von hübschen Fachwerkfassaden markierten Zentrum des alten Fleckens Oberstein. Das schon für 1075 bezeugte Alte Schloss bewohnten als Lehensnehmer des Trierer Erzbistum die Ritter vom Stein (›Bosselstein‹), denen als Erben das Geschlecht der Eirich von Daun folgte (1282). Diese benannten sich darauf Herren von Daun und Oberstein; der älteren Burg zogen sie als Wohnsitz aber das 1179 gegründete und erst 1855 durch eine Brandkatastrophe ruinierte Neue Schloss auf dem unmittelbar benachbarten Felsen vor. Unter dieser nach wie vor imposanten Kulisse der bizarren Ruine auf ihren grün umbuschten schroffen Bergsockeln bildet die in eine gigantische Höhlung der senkrechten Wand eingebaute Felsenkirche einen einzigartigen Blickfang.
Die Sage begründet die Entstehung des wahrscheinlich im 12. Jahrhundert begonnenen und in der nunmehrigen Gestalt auf die Jahre 1482-84 zurückgehenden Gotteshaus mit der Sühneleistung nach einem Mordfall: Ein junger Ritter soll demnach aus Eifersucht seinen Bruder vom Söller des Alten Schlosses in die Tiefe gestoßen und danach aus bußfertiger Reue den Kirchenbau übernommen haben. Hingegen ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass noch ein heute im Inneren aus der Felswand rieselnder Quell bereits zur Vorgeschichte der keltischen Urbevölkerung geheiligt war. Wie auch immer: Diese Felsenkirche darf als ein wahrhaftes Schatzkästlein gelten, bewahrt sie doch noch zwei vorzügliche Glasgemälde von 1482, das eindrucksvolle Grabrelief eines Philipp von Daun-Oberstein (gest. 1432), einen gotischen Taufstein (15. Jh.), mehrere alte Gemälde (16. und 18. Jh.) und eine schöne Stumm-Orgel von 1756. Das großartigste Kunstwerk aber stellt der um 1410 gemalte gotische Flügelaltar mit vier Passionsmotiven und der Kreuzigung Christi als Hauptbild dar. Unter einigen ähnlichen Arbeiten im mittelrheinischen Raum kommt dem Werk des sogenannten ›Meisters vom Oberstein Altar‹ herausragende Bedeutung zu.
Am Fuß des Kirch- und Burgfelsens ist das Obersteiner Heimatmuseum inmitten des historischen Siedlungskerns (von dessen Wehr Mauerreste und der ›Gebückturm‹ übrig geblieben) unbedingt einer Besichtigung wert. Außer Objekten und Dokumenten der Stadtgeschichte präsentiert es bedeutende Mineralien- und Edelsteinsammlungen von heimischen Fundstellen und aus aller Welt. Dazu bietet es anhand einer Vielzahl großartiger Objekte einen so exemplarischen wie lehrreichen Überblick des Schaffens der für Idar-Obersteins Wirtschaft ausschlaggebenden Edelsteinschleifer, Graveure und Goldschmiede. Ein ausgiebiger Besuch in diesem Museum empfiehlt sich ohnehin zum besseren Verständnis bzw. als eine Art ›Wertmaßstab‹, bevor man in den zahlreichen Schmuckgeschäften der nahen und weiteren Umgebung etwa einen Einkaufsbummel unternimmt.
Im Stadtteil Idar gewährt als zweite und gleichwohl einzigartige Sammlung das im Purpers Schlösschen untergebrachte Deutsche Edelsteinmuseum weitere Einblicke in die nach weitgehender Erschöpfung der hiesigen Fundvorkommen längst mittels globaler Handelsbeziehungen noch florierende Edelsteinindustrie. Die einstige Grundlage für das Aufblühen der ›Schmuckmetropole‹ an der oberen Nahe wird hingegen anschaulich sichtbar in der Besuchergrube Steinkaulenberg beim Stadtteil Algenrodt, der einzigen für jedermann zugänglichen Edelsteinmine Europas.
An der Straße zum Stadtteil Tiefenstein lädt die wiederaufgebaute Weiherschleife des weiteren zur Besichtigung ein: Hierin kann aus nächster Nähe in Augenschein genommen werden, wie mühselig das einst in Hunderten ähnlicher von Wasserrädern getriebener Werkstätten am Idarbach ausgeübte Edelsteinschleifen und -polieren vonstatten ging.
Während der Fahrten oder Spaziergänge zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten in Idar-Oberstein sollte man außer für die noch überall die Straßenfronten prägenden Schaufenster der Schmuckgeschäfte und ein Augenmerk für die bemerkenswerten Fassaden zahlreicher Bürger- oder Handelshäuser aus der Gründerzeit übrighaben. Unter diesen repräsentativen Bauten verfügen etliche über hochinteressante Architekturformen und dekorative Details im Jugendstil.
Vergangenheit ist seit 1986 die aus vielen historischen Abbildungen bekannte Ansicht des eng zwischen den Häuserfronten und unter steilen Felsen sich windenden Naheflüsschens. Nach Abschluss der bis zuletzt stark umstrittenen ›Nahe-Überbauung‹ deckt kilometerlang der Beton- und Asphaltstreifen einer vierspurigen innerstädtischen Schnellstraße der Flussbett und seine Uferränder zu. Allerdings ermöglicht diese mit aufwendiger ›Begrünung‹ flankiert bzw. retuschierte Strecke auch prachtvolle Ausblicke zu hochragenden Baumonumenten über dem von hübschen Fachwerkfassaden markierten Zentrum des alten Fleckens Oberstein. Das schon für 1075 bezeugte Alte Schloss bewohnten als Lehensnehmer des Trierer Erzbistum die Ritter vom Stein (›Bosselstein‹), denen als Erben das Geschlecht der Eirich von Daun folgte (1282). Diese benannten sich darauf Herren von Daun und Oberstein; der älteren Burg zogen sie als Wohnsitz aber das 1179 gegründete und erst 1855 durch eine Brandkatastrophe ruinierte Neue Schloss auf dem unmittelbar benachbarten Felsen vor. Unter dieser nach wie vor imposanten Kulisse der bizarren Ruine auf ihren grün umbuschten schroffen Bergsockeln bildet die in eine gigantische Höhlung der senkrechten Wand eingebaute Felsenkirche einen einzigartigen Blickfang.
Die Sage begründet die Entstehung des wahrscheinlich im 12. Jahrhundert begonnenen und in der nunmehrigen Gestalt auf die Jahre 1482-84 zurückgehenden Gotteshaus mit der Sühneleistung nach einem Mordfall: Ein junger Ritter soll demnach aus Eifersucht seinen Bruder vom Söller des Alten Schlosses in die Tiefe gestoßen und danach aus bußfertiger Reue den Kirchenbau übernommen haben. Hingegen ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass noch ein heute im Inneren aus der Felswand rieselnder Quell bereits zur Vorgeschichte der keltischen Urbevölkerung geheiligt war. Wie auch immer: Diese Felsenkirche darf als ein wahrhaftes Schatzkästlein gelten, bewahrt sie doch noch zwei vorzügliche Glasgemälde von 1482, das eindrucksvolle Grabrelief eines Philipp von Daun-Oberstein (gest. 1432), einen gotischen Taufstein (15. Jh.), mehrere alte Gemälde (16. und 18. Jh.) und eine schöne Stumm-Orgel von 1756. Das großartigste Kunstwerk aber stellt der um 1410 gemalte gotische Flügelaltar mit vier Passionsmotiven und der Kreuzigung Christi als Hauptbild dar. Unter einigen ähnlichen Arbeiten im mittelrheinischen Raum kommt dem Werk des sogenannten ›Meisters vom Oberstein Altar‹ herausragende Bedeutung zu.
Am Fuß des Kirch- und Burgfelsens ist das Obersteiner Heimatmuseum inmitten des historischen Siedlungskerns (von dessen Wehr Mauerreste und der ›Gebückturm‹ übrig geblieben) unbedingt einer Besichtigung wert. Außer Objekten und Dokumenten der Stadtgeschichte präsentiert es bedeutende Mineralien- und Edelsteinsammlungen von heimischen Fundstellen und aus aller Welt. Dazu bietet es anhand einer Vielzahl großartiger Objekte einen so exemplarischen wie lehrreichen Überblick des Schaffens der für Idar-Obersteins Wirtschaft ausschlaggebenden Edelsteinschleifer, Graveure und Goldschmiede. Ein ausgiebiger Besuch in diesem Museum empfiehlt sich ohnehin zum besseren Verständnis bzw. als eine Art ›Wertmaßstab‹, bevor man in den zahlreichen Schmuckgeschäften der nahen und weiteren Umgebung etwa einen Einkaufsbummel unternimmt.
Im Stadtteil Idar gewährt als zweite und gleichwohl einzigartige Sammlung das im Purpers Schlösschen untergebrachte Deutsche Edelsteinmuseum weitere Einblicke in die nach weitgehender Erschöpfung der hiesigen Fundvorkommen längst mittels globaler Handelsbeziehungen noch florierende Edelsteinindustrie. Die einstige Grundlage für das Aufblühen der ›Schmuckmetropole‹ an der oberen Nahe wird hingegen anschaulich sichtbar in der Besuchergrube Steinkaulenberg beim Stadtteil Algenrodt, der einzigen für jedermann zugänglichen Edelsteinmine Europas.
An der Straße zum Stadtteil Tiefenstein lädt die wiederaufgebaute Weiherschleife des weiteren zur Besichtigung ein: Hierin kann aus nächster Nähe in Augenschein genommen werden, wie mühselig das einst in Hunderten ähnlicher von Wasserrädern getriebener Werkstätten am Idarbach ausgeübte Edelsteinschleifen und -polieren vonstatten ging.
Während der Fahrten oder Spaziergänge zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten in Idar-Oberstein sollte man außer für die noch überall die Straßenfronten prägenden Schaufenster der Schmuckgeschäfte und ein Augenmerk für die bemerkenswerten Fassaden zahlreicher Bürger- oder Handelshäuser aus der Gründerzeit übrighaben. Unter diesen repräsentativen Bauten verfügen etliche über hochinteressante Architekturformen und dekorative Details im Jugendstil.